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Die BMW-Aktien von Susanne Klatten werfen in guten Jahren schon mal Dividenden in Höhe von 815 Millionen Euro ab. Darauf müsste sie in Deutschland eigentlich 387 Millionen Steuern zahlen. Dank der von Rot-Grün eingeführten Erhebungsreform, nach der Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber Einkünften aus echter Arbeit bevorzugt behandelt werden, spart Frau Klatten und kommt so auf eine Steuerlast von maximal 204 Millionen Euro.

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wohin gehst du, ägypten?

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26.12.12.

Die Entscheidung in Ägypten scheint (vorerst) gefallen: Laut Mursi-Regierung wurde gewählt zu über 60 Prozent für den islamistisch geprägten neuen Verfassungsentwurf. Der sieht vor, dass ein von teils extremen Muslimen geführtes Gremium (und nicht die Justiz) Gesetze erlässt. Die Muslimbrüder haben die gesamte Revolution geschluckt. Die Jugend, die Progressiven sind um den Erfolg gegen Mubarak und sein System gebracht worden. Eine Politik des Rundes Tisches, des Mitwirkens der demokratischen und reliogösen Kräfte mit einem gemäßigten und modernen Staatsziel ist vorerst gescheitet. fb. 

 

18.12.12

Hamdy Youssef hofft auf eine gute, friedliche Zukunft für das Land seiner Eltern.

Der nachfolgende Text unter dieser Einleitung stand am 11. Januar im Blog 52wochen.org. Ein in Deutschland lebender und in der Bundesrepublik integrierter junger Mann aus Ägypten beobachtete seinerzeit aufmerksam, sorgenvoll und zuversichtlich zugleich, was in seinem Heimatland geschah, was da auf seine Verwandten, besonders Mama und Papa zurollen würde. Jetzt zur Weihnachtszeit gab es eine Gelegenheit, mit ihm wieder zu sprechen, passend zu den vielen Protesten auf den Straßen Kairos und anderer Städte sprachen wir auf der Straße. Seine Interpretationen irritierten und stellten in seltsamer Weise klar, dass er ein Freund der Muslimbruder sein muss, dass er darauf baut, es werde schon nicht so kommen, wie ausländische Kreise vermuten und befürchten: dass Ägypten rückwärtsgewandt ein islamistisches Land werde. Bevor über das Gespräch ausgeführt wird, der Text vom Januar 2012: 

„Meine Eltern haben erstmals gewählt“
 

Die Bilder im Fernsehen irritieren. Es ist eine Szene, die unruhig werden lässt. Ein Mann steht in Kairo auf einem Platz mitten in einem Pulk voller Menschen, die lauthals die Einführung der Sharia als Recht und Gesetz in dem Land am Nil fordern. Aufgeheizt wird die Stimmung durch einen martialisch auftretenden Moderator, der laut ins Mikrofon schreit. Es ist Wahlkampfzeit während der Wahlen zur ägyptischen  Volksversammlung. Der Mann mitten unter den vielen fanatisch wirkenden, muslimischen Menschen ist Christ, ein Kopte, und seinen Blicken entnimmt man die Frage, was wohl auf Ägypten zurollt, wenn die Salafisten (auf dem Platz ist eine ihrer Veranstaltungen am Laufen) mit an der Macht sein werden, gemeinsam mit der als moderat geltenden Muslimbruderschaft.
 

Eine weitere Szene, in einer geschäftigen Straße in Kairo. Eine Frau ruft in die Kamera. Sie fordert, dass die Islamisten den Ägyptern nicht die Revolution wegnehmen dürften. D e n  Menschen, die demokratische Verhältnisse, Würde, die Emanzipation der Frau, gar Freiheit wollten. Deren Hoffnungen und berechtigte Forderungen dürften jetzt nicht „einkassiert“ werden, argumentiert sie mit Gesten der Verzweiflung, die Faust geballt, die Augen wütend.
 

Auch Hamdy Youssef, ein Mann aus Kairo, der seit acht Jahren in Deutschland lebt, weil seine große Liebe und Ehefrau Deutsche ist und die Youssefs mit ihrem kleinen Sohn eine Familie gründeten, sieht derlei Berichte und erhält via TV Sender Al Jazeera und mit den Originalschilderungen seiner Eltern aus Ägypten ein umfängliches Bild.   
 

Laut bisher aufgestellter Prognosen bedeuten  die Wahlen für die säkularen Kräfte Ägyptens nichts Gutes. Die Islamisten dürften in der Volksversammlung rund 60 Prozent der Mandate gewinnen. Die Muslimbrüder erreichen dabei einen Anteil von rund 40 Prozent. Auf die radikaleren Salafisten werden etwa 20 Prozent entfallen.
 

Hamdy Youssef erlebte dank seine Mutter und sein Vater in Kairo fast hautnah die Veränderungen mit, die mit dem „Arabischen Frühling“, den revolutionären Umwälzungsbestrebungen, in Nordafrika begannen. 30 Jahre seinen Lebens verbrachte Youssef in Kairo. „Zehn Prozent der Menschen vielleicht gingen früher wählen. Viele verzichteten darauf, man wusste, es kommen sowieso  d i e  Leute an die Macht, die schon dran sind“, erzählt der heute 38-Jährige gegenüber 52wochen, der selbst auch nie an die Wahlurne trat.  
 

„Meine Eltern haben jetzt nach all den Jahren erstmals gewählt. Die Hoffnungen auf bessere Zeiten sind groß, die Ungeduld auch und auf das Warten müssen wir uns nun mal einstellen. Eine Revolution dauert nicht nur ein paar Wochen“, sagt Youssef, der einen ziemlich frohen, erleichterten Eindruck macht, wohl deshalb, weil Mutter und Vater seit kurzem in Rente sind und somit nicht mehr drückend die Alltagssorgen und den täglichen Broterwerb zur Aufgabe haben. Schön war es für die kleine deutsch-ägyptische Familie nach den unruhigen Tagen im Frühling, dass, als sie, Vater Hamdy, Mutter Anika und Sohnemann Malik im vergangenen Sommer nach Kairo reisen konnten, dort bei Hamdys Eltern, in der Stadt, unter den Menschen eine Atmosphäre der Erleichterung erlebten.

Wie sieht es momentan im Land der Pharaonen aus? Hamdy erfährt es in Telefonaten und im Fernsehen und baut sich sein Bild, er will optimistisch sein. „Das Land wird vom Militär regiert, noch. Die können aber nicht mehr machen was sie wollen, vielen der 80 Millionen Ägypter ging es zu lange nicht gerade sehr gut. Vor allem eins hat sich ganz deutlich verändert“, sagt Youssef und holt aus, als wolle er Existenzielles benennen. Dann beschreibt er Vergangenes. Früher sei bei Behörden und vor allem bei der Polizei der Mensch kein Mensch gewesen. Die Schergen hätten die Leute schlecht und mit launenhafter Willkür behandelt, es war oft auch Gewalt im Spiel. Hat man Mubarak oder das Militär beleidigt, war man schnell weg. Manchmal für immer. „Das ist nun anders. Man kann dazu das Wort Respekt wieder nennen.“ Auch die soziale und machtgesellschaftliche Situation ändere sich, meint der 38-Jährige. Früher hatten ein paar wenige Leute alles und alle Macht. Das wandle sich nun endlich, langsam, aber der Wind drehe sich.

Was ihm Sorgen mache und doch für Youssef verständlich sei, heißt Gewalt und Ungeduld. „Früher hatten die Menschen Hass und Angst vor Staat, Polizei, dem Militär. Sie spüren noch immer viel Hass. Aufgestaut in vielen Jahren. Der muss wohl raus, der muss abklingen. Man kann aber nicht ständig aufeinander schlagen“, findet der Deutschägypter. Seine Eltern berichten ihm, dass Zwischenfälle der Gewalt währende der Proteste inzwischen meist im Zentrum der Hauptstadt mit dem Tahir-Platz, der Platz hat große Symbolwirkung, passieren. „Ansonsten gehen die Menschen ihrer Tätigkeit nach. Sie müssen. Man hat aber das Gefühl, staatliche Stellen helfen mehr, die Leute werden nicht allein gelassen, wenn ihnen der Verlust der Arbeit droht. Früher war es so: Ohne Arbeit – keine Existenz. Sozialamt – ein Fremdwort in Ägypten.“ Dass die Zeiten weiter nicht einfach seien, erzählen die Eltern auch. Steigende Lebensmittelpreise. Die Leute, die schnelles Geld machen wollten, gäbe es leider auch genug.   
Hamdy Youssef ist aber dennoch zuversichtlich und wirbt geradezu für sein erstes Heimatland. Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftszweig. Das Land wurde und wird bis heute wegen der Unruhen und der dadurch begründeten Angst immer noch von vielen Touristen aus dem Ausland gemieden. „Ich kann aber mit Sicherheit sagen, es lohnt sich nach Ägypten zu reisen und es ist sicher. Fahren sie hin.“  Youssefs wollen dies im Sommer auch tun. Was aber auch sein kann, verrät der junge Mann: „Meine Eltern kommen uns besuchen zu einer großen Feier, denn unser Sohn hat dieses Jahr Schulanfang.“
Es wird auch für sie spannend, wie die Wahlen ausgehen und was dann folgt. Liberale, säkulare Kräfte befürchten, dass in der Volksversammlung die islamistischen Kräfte vollends agieren werden. Ende Januar beginnt die Wahl des Schura-Rates, das ist die zweite Parlamentskammer mit beratender Funktion. Säkulare Parteien (weltlich, liberal, demokratisch) wollen diese Wahl schon boykottieren, weil diese wegen der anschwellenden Machtverhältnisse allenfalls noch eine Art religiöser Wettbewerb sei.
 

Für Hamdy Youssef und seine Familie stellt sich die Frage nach zuviel Islam im Land nicht. Auch nicht angesichts der sich aufbauenden Übermacht von Muslimbrüdern und Salfisten. „Die Brüder sind klug, sie nutzen den Islam, der Gewalt verbietet“, beschwört Youssef. Besser zu werden, aus Fehlern lernen, das seien die Gebote der Stunde. Aus seinen Worten kann man erahnen, wohin seine Eltern ihr Kreuz gemacht haben könnten. Wohl nicht bei Freie Ägyptische Partei oder bei Liberaler Block. Einfache Leute sind es, gläubig und hoffnungsvoll. Zu Zeiten von Mubarak waren die Muslimbrüder auch schon präsent und erfüllten die Funktion des Helfers beim Improvisieren, beim Tür öffnen und Halt geben. Dass die jungen Leute, die modern ausgerichteten, gebildeten, weltgewandten, die Internetgeneration die waren, welche die Kastanien aus dem Feuer holten und nicht die Islamisten, diese Realität verschwimmt zusehends in der Wahrnehmung eines kämpfenden Landes im Umbruch. Youssef bleibt optimistisch und ist sich sicher: „Unser Land wird kein Iran, ich denke die Muslimbrüder wissen genau was sie tun und was sie nicht tun können. Ägypten hat Gewalt und Unterdrückung satt."

Dezember 2012, wieder ein Gespräch mit Hamdy Youssef und 52wochen.org. Es dauert kaum fünf Minuten. Youssef schaut verwundert, als er erfährt, dass die mögliche neue Verfassung, welche gerade per Volksabstimmung real werden könnte, eine sei, die die Rechte der Frauen einschränken werde. So war bisher das Heiraten ab 18 Jahre erlaubt, bei einer neuen Verfassung wäre dieses Recht, dieser Schutz w e g. Auch die Tatsache, dass die meisten Menschen nicht die Chance hatten, den neuen Verfassungsentwurf, der binnen 14 Tage „gezimmert wurde“, zu lesen und darüber zu diskutieren, verwundert ihn. Stattdessen wiederholt er beinah wörtlich, dass die Muslimbrüder genau wüssten was sie tun, dass Ägypten kein Afghanistan der Taliban werde und auch der Tourismus nicht gefährdet sei, da all die Sehenswürdigkeiten ja  d a  seien und die Infrastruktur dazu ja gut funktioniere. „Ägypten hat seit 5000 Jahren keinen Präsidenten wählen können bis heute. Nun durften sie es, das ist schon eine Errungenschaft. Demokratie ist auch sehr schwer, es ist so kompliziert, alle Meinungen zusammenzubringen“, so Youssef. Sorgenvoll schaute der junge Mann dennoch drein, er gestand, dass er eine Teilung der Menschen in seinem alten Heimatland nicht möchte. Die Teilung in islamistisch geprägte und weltlich geprägte Menschen die aufeinander losgingen. Bei dem Angebot, dass die Gruppen doch in einer Regierungskoalition gemeinsam in der Pflicht stünden, zuckte Youssef die Schultern.

 

 

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