„Beutezug Ost – Die Treuhand und die Abwicklung der DDR“

Es scheint wenige Ostdeutsche zu geben mit direkter Sozialisation Ostdeutschland/ DDR, die beim Begriff "Treuhandgesellschaft" freudestrahlend reagieren. Das hat Gründe. Gerade in diesen Wochen und Monaten, kurz vor der 25-Jährung des Mauerfalls zwischen beiden deutschen Staaten sei auf eine Arbeit zu diesem Thema hingewiesen (die schon 2010 veröffentlich worden war), welche anspricht, welche "Aufgaben" diese Geselllschaft hatte: Albrecht Müller (nachdenkseiten.de) : "Wenn diese Versuche der Aufarbeitung einer düsteren Geschichte auch spät kommen, es ist besser als gar nicht. Nach meinem Eindruck liegt so viel im Dunkel, dass es dringend geboten wäre, die Vorgänge um die Abwicklung der fast 8000 Betriebe der DDR, um den Verkauf der ostdeutschen Banken an die westdeutschen Banken und um die Währungsunion vom 1.7.1990 neu aufzuarbeiten. Ein neuer Untersuchungsausschuss zur Abwicklung von Betrieben durch die Treuhand wäre dringend geboten. Den Historikern allein kann man diese Untersuchung des Raubs am Vermögen der Mehrheit der Menschen in Mittel- und Ostdeutschland nicht überlassen."
Zur Abwicklung der Betriebe
frontal 21 hatte am 31.8.2010 einen Bericht über die Abwicklung eines Berliner Betriebes gebracht. Hier der Link und der Titel: „Die Treuhand und die Abwicklung der DDR“ DDR-Betriebe: Abgewickelt und betrogen [1] Den Einführungstext finden Sie in Anlage 2.
Wie dort geschildert wird, sind in der ehemaligen DDR Betriebe reihenweise unter Wert verkauft worden – an westdeutsche Geschäftsleute wie im konkreten Fall der WBB in der Dokumentation vom 31. August, an westdeutsche „Anleger“ und an Bürger der ehemaligen DDR, so weit sie gut im Geschäft waren.
Einem weiteren Kreis bekannt und dokumentiert sind nach meiner Kenntnis nur wenige Fälle. Frühere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Betriebe können sich aber noch (!) gut an die Abwicklung erinnern. Dieses Wissen müsste systematischer gesammelt und aufbereitet werden.
Es sollte auch selbstverständlich sein, dass die Verantwortlichen, solange sie noch leben und rüstig sind, mit den Vorgängen im einzelnen konfrontiert werden. Das gilt zum Beispiel für Birgit Breuel, die der Treuhand vorstand, aber auch zum Beispiel für Hans Olaf Henkel und Klaus von Dohnanyi, die in Leipzig bei Abwicklungsvorgängen „beraten“ haben.
In die Aufarbeitung gehören auch Untersuchungen darüber, ob die Betriebe mehrheitlich wirklich so marode waren, wie das öffentlich dargestellt wurde und immer noch wird.
Welche Rolle spielten die Filialen westdeutscher Banken in Mittel- und Ostdeutschland? Ein Leser meines Buches „Machtwahn“ [2] hatte mir nach Lektüre der Passagen über die politische Korruption den Hinweis gegeben, dass er als westdeutscher Angestellter einer Bank in Dresden sich ständig darüber wundern musste, dass in diesen Kreisen die Erhaltung von Betrieben der ehemaligen DDR keine Priorität hatte. Im Gegenteil.
Wo sind die Vermögen geblieben? Wer und wie wurde „geschmiert“?
Wenn wie im konkreten Fall der Abwicklung des Berliner Wärmebaus WBB der offizielle Substanzwert bei 160 Millionen D-Mark lag und die Treuhand den Betrieb klein rechnet und ihn für ganze zwei Millionen D-Mark an einen westdeutschen Geschäftsmann verkauft, dann kann dies nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass in vielen dieser Fälle Schmiergeld im Spiel war, ist groß. Dieses landete in der Regel in den Steueroasen. Dafür braucht man sie. Auch deshalb der Widerstand gegen ihren Abbau auch von deutscher Seite.
Währungsunion und Umrechnungskurs
Wer wie ich 1990 als Mitglied des Deutschen Bundestags der Währungsunion mit den damals beschlossenen Umtauschrelationen nicht zugestimmt hat, wurde scheel angesehen und – wie auch Oskar Lafontaine zum Beispiel – verdächtigt, gegen die Vereinigung der beiden deutschen Staaten zu sein. Ich war vor allem wegen der Belastung der ostdeutschen Betriebe durch den dann installierten Umrechnungskurs von 2:1 dagegen. Das beraubte sie ihrer Wettbewerbsfähigkeit und belastete sie mit überhöhten Schulden gerechnet in DM-West.
Es wäre jedenfalls gut, wenn endlich auch dieses Kapitel aufgearbeitet würde.
Verschleuderung der ostdeutschen Banken an die westdeutschen Banken
Dieses Thema haben wir in den NachDenkSeiten wie auch in „Machtwahn“schon oft angesprochen. Wir verwiesen auf einen verdienstvollen Artikel im Berliner Tagesspiegel vom 1.7.2005. Frontal 21 greift diese Geschichte jetzt auf: Download (Frontal21 exklusiv: Banken verdienten Milliarden an der Wiedervereinigung) [3] Es hat lange gedauert und exklusiv ist die Nachricht auch nicht. Aber immerhin: der Vorgang wird nicht weiter totgeschwiegen, wie es mit dem Tagesspiegel-Artikel und unseren Beiträgen bisher geschehen ist.